Eine Impfung gegen Krebs?

Bei den meisten Krebsarten hat man keinen oder nur begrenzten Einfluss auf die Entstehung. Anders beim Gebärmutterhalskrebs. Ihm liegt eine Ursache zugrunde, die sehr gut beeinflussbar ist: eine anhaltende Infektion mit humanen Papillomviren (HPV). Dieser wiederum kann man durch eine frühzeitige Impfung vorbeugen.

Eine Impfung gegen Krebs? Klingt traumhaft und hat speziell beim Gebärmutterhalskrebs tatsächlich realistische Chancen.
Im Jahr 2014 erkrankten in Deutschland immer noch mehr als 4.600 Frauen daran; mehr als 1.500 verstarben.
Wir hoffen, dass die Informationen auf dieser Seite mit dazu beitragen, dass diese Zahlen künftig drastisch sinken und einer möglichst großen Zahl von Frauen viel Leid erspart bleibt!  

Humane Papillomviren und Krebs

Humane Papillomviren bestehen aus Erbmaterial und einer Eiweißhülle. Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel und benötigen einen lebenden Organismus, um sich zu vermehren. Inzwischen sind mehr als 150 verschiedene HPV-Typen bekannt. Fast jeder Mensch infiziert sich im Laufe seines Lebens mit HPV. Eine Infektion heilt in mehr als 90 Prozent von allein aus, kann aber auch chronisch werden. Eine Ansteckung mit HPV erfolgt über direkten Hautkontakt oder bei den genitalen HPV-Typen über den Geschlechtsverkehr.

Einige HPV-Typen verursachen die Entstehung von gutartigen, aber unangenehmen Haut- oder Genitalwarzen. Andere sogenannte „Hochrisiko“-Typen können über eine chronische Infektion zu Gewebeveränderungen an Gebärmutterhals, Schamlippen, Scheidenvorhof, Scheide, Penis, After oder im Mund-Rachen-Raum führen. Aus diesen Vorstufen kann sich im Laufe mehrerer Jahre eine Krebserkrankung entwickeln. Die am häufigsten durch HPV hervorgerufene Krebserkrankung ist der Gebärmutterhalskrebs.

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Gebärmutterhalskrebs und HPV

In sieben von zehn Gebärmutterhalstumoren findet man die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18. Diesen Zusammenhang entdeckte der deutsche Mediziner und Forscher Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen und erforschte damit die Grundlage, um einen Impfstoff gegen die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs zu entwickeln. Dafür wurde Harald zur Hausen im Jahr 2008 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
(Foto: Tobias Schwerdt; Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ))

Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs

Neben einer HPV Infektion sind das Rauchen, weitere Infektionen im Genitalbereich mit anderen sexuell übertragbaren Erregern, eine große Zahl durchgemachter Schwangerschaften und Geburten, die lange Einnahme hormoneller Verhütungsmittel, ein früher Beginn der sexuellen Aktivität und eine große Zahl von Sexualpartnern sowie die Suppression des Immunsystems zum Beispiel nach einer Organtransplantation als mögliche Kofaktoren für die Entstsehung von Gebärmutterhalskrebs bekannt.

Impfstoffe gegen HPV-Infektion

Im Jahr 2006 wurde der erste Impfstoff gegen eine Infektion mit bestimmten HPV-Typen in den Ländern der Europäischen Union zugelassen. Aktuell sind in Deutschland drei verschiedene Impfstoffe gegen HPV auf dem Markt. Alle drei wirken gegen die beiden Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18. Der neueste Impfstoff wirkt gegen insgesamt neun verschiedene HPV-Typen, darunter auch HPV 6 und 11, die Warzen an Genitalien und After hervorrufen.

Impfempfehlung durch die STIKO

Im Jahr 2007 empfahl die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts erstmals die Impfung gegen eine Infektion durch humane Papillomviren (HPV) zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs für Mädchen und junge Frauen.
Aktuell wird die Impfung Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen, also möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Sie erhalten zwei Impfdosen im Abstand von fünf bis 13 Monaten in den Oberarm. Bei weiblichen und männlichen Jugendlichen ab 15 bis einschließlich 17 Jahren sind drei Impfungen notwendig. Die Abstände zwischen den einzelnen Impfungen variieren dabei in Abhängigkeit vom verwendeten Impfstoff. Gegebenenfalls ist später eine Auffrischimpfung erforderlich.
Die Kosten für die Impfung für den empfohlenen Personenkreis werden von den Krankenkassen übernommen.
Nachzulesen ist der gesamte Inhalt der Impfempfehlung hier

HPV Impfung für Jungen und männliche Jugendliche

Auch eine Impfung von Jungen im gleichen Altersspektrum ist sinnvoll. Aus diesem Grund änderte die STIKO im Juni 2018 auch ihre Empfehlung dahingehend, dass sie die HPV Impfung auch für Jungen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren empfiehlt.
Die Erweiterung der Impfempfehlung und die wissenschaftliche Begründung sind im Epidemiologischen Bulletin 26/2018 veröffentlicht und nachzulesen.

Denn die HPV-Typen, gegen die geimpft wird, sind nicht nur für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs, sondern auch für die Entstehung von Anal- und Peniskrebs sowie die Entstehung der zwar nicht bösartigen, aber dennoch höchst unangenehmen Genitalwarzen verantwortlich. Und natürlich können sexuell aktive Jungen und Jugendliche, die mit HPV infiziert sind, das Virus entsprechend übertragen. Um einen vollständigen Schutz der Bevölkerung zu erreichen, ist es daher sinnvoll, alle sexuell aktiven Personen, also auch Jungen und männliche Jugendliche gegen HPV zu impfen. Das ist ein weiterer Aspekt, der für eine möglichst frühzeitige Impfung auch der Jungen spricht.

HPV Impfung ist kein Ersatz für Früherkennungsuntersuchung!

Die jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt, die für Frauen ab dem Alter von 20 Jahren von den Krankenkassen bezahlt wird, kann und wird die HPV Impfung jedoch auch künftig nicht ersetzen. Zum einen, weil diese Untersuchung weitere Organe wie die Gebärmutter, Eierstöcke und die Brust einschließt. Zum anderen, weil trotz der Impfung eine Infektion mit einem nicht im Impfstoff enthaltenen HPV-Typ erfolgen kann und diese, wenn sie chronisch wird, in seltenen Fällen ebenfalls im Laufe der Zeit Gebärmutterhalskrebs entstehen lassen kann.

Dennoch wird die Möglichkeit der Diagnostik von HP-Viren in Kürze wahrscheinlich das Screening von Gebärmutterhalskrebs verändern. Frauen ab 35 Jahren soll statt der jährlichen Untersuchung eines Zellabstriches alle drei Jahre eine kombinierte Untersuchung aus einem Test auf genitale Infektionen mit HPV und der klassischen Zelluntersuchung angeboten werden. Sind keine HP-Viren nachweisbar, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zellen des Gebärmutterhalses innerhalb der nächsten drei Jahre zu Krebszellen oder deren Vorstufen entarten, quasi gleich Null. Damit kann die jährliche Zelluntersuchung in diesem Zeitraum entfallen.

Verhindert die Impfung sicher die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs?

Diese Frage kann aktuell noch nicht beantwortet werden. Da zwischen der Infektion mit HPV und dem Auftreten des virusbedingten Gebärmutterhalskrebses zehn Jahre oder oft sogar mehr liegen, muss man dafür einen Zeitraum von fünfzehn, besser noch zwanzig Jahren veranschlagen. Die Impfempfehlung wurde aber erst im Jahr 2007 ausgesprochen.
Eine weitere Voraussetzung, damit die Erwartungen, die an die Impfung geknüpft sind, sich erfüllen können, ist eine entsprechend hohe Impfrate. Denn nur, wenn ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft ist, können messbare Ergebnisse eintreten und sind zudem auch die Nichtgeimpften ausreichend geschützt.
Allerdings lässt die Impfrate, die deutschlandweit bei 40 Prozent liegt, leider noch zu wünschen übrig. Zwar liegt die Impfrate in Mecklenburg-Vorpommern deutlich höher, dennoch gibt es auch in M-V insbesondere bei den jungen Mädchen Nachholbedarf.

Sind Nebenwirkungen zu befürchten?

Die aktuell auf dem Markt befindlichen Impfstoffe sind sicher und gut verträglich. Die häufigste beobachtete Nebenwirkung ist eine lokale Hautreaktion an der Einstichstelle, wie sie ganz allgemein auch von anderen Impfungen her bekannt ist.
Der Impfstoff selbst kann keine Infektion auslösen, da er keine vollständigen Viren, sondern lediglich künstlich hergestellte Virushüllen enthält.